Ciao Chérie

Telefonieren, Geld verschicken, Surfen – dafür kommen die Menschen in einen Wiener Call Shop: Heimweh und Liebe, Sorge und Hoffnung, Zweifel und Ungewissheit – all das wird in den Telefonkabinen besprochen, wo Herkunft und Zugehörigkeit voller Widersprüche sind.
Verbindung halten oder Abschiednehmen? – Nina Kusturica erzählt in ihrem neuen Film vom Leben in der Fremde und von der Sehnsucht Distanzen zu überwinden.

Aus dem Filmmaterial von Ciao Chérie hat Nina Kusturica den Trailer für das this human world Filmfestival 2014 gestaltet.

Ciao Chérie ist in STANDARD-Edition „Der Österreichische Film“ auf DVD im Hoanzl Verlag und online auf Filmmit verfügbar.

Für Bildungseinrichtungen bietet NK Projects die DVD mit einer speziellen Vorführlizenz um € 35,- an. Anfragen an:
Für Medienzentren (Bibliotheken, etc.) bietet NK Projects die DVD mit einer speziellen Vorführlizenz, sowie einem nicht gewerblichen Verleihrecht um € 150,- an. Anfragen an:

Pressestimmen

Ciao Chérie von Nina Kusturica: Bei Anruf Sehnsucht

Kusturica hat ihre dritte abendfüllende Regiearbeit fast zur Gänze im Inneren eines Callshops gedreht, wie sie trotz Mobiltelefonie nach wie vor in vielen Städten zu finden sind. Eine Beschränkung, die sich in erzählerischer wie in visueller Hinsicht als Gewinn erweist. Mit ausgeklügelten Einstellungen der spiegelnden Glasoberflächen im Geschäft vermittelt die Kameraarbeit von Michael Schindegger Raumgefühl. Nahaufnahmen erlauben die Konzentration auf die Nuancen in den Gesichtern der unterschiedslos formidablen Laien- und Profischauspieler, während Außenansichten das Geschäft in einem spezifischen Wiener Umfeld verankern und dem Film einen Tag-Nacht- Rhythmus verleihen.
Nicht ins Bild kommen jene Menschen, die angerufen werden. Umso mehr Gewicht kommt ihren Stimmen zu, aus deren Timbre wir herauszuhören versuchen, was keine Gesten verraten. In besonders schönen Sequenzen setzt Kusturica einzelne Callshop-Besucher schweigend in Szene, während wir sie im Off traditionelle Lieder ihrer Herkunftsländer singen hören. Ein vielstimmiges Kaleidoskop wird so vollends zum Filmgedicht.

Karl Gedlicka, Der Standard

„Hallo?“ „Hallo“ – Ciao Chérie ruft ins Kino

Mit Ciao Chérie ist Nina Kusturica ein wunderbarer Spielfilm gelungen, der den Mikrokosmos eines kleinen Wiener Callshops einfängt. Der Film zeigt die vielen Beziehungen, die dort ermöglicht, erträumt, und verarbeitet werden, und erzählt sie mit schlauem Humor und Herz…
Ciao Chérie transportiert eine wichtige Message, die einfach klingt, aber im Mainstream noch immer nicht angekommen ist: Das Leben ist komplex und es braucht mehr Diversität in allen denkbaren Rollen. Er macht sichtbar, dass selbst in einem kleinen Mikrokosmos wie dem Callshop jede Menge Identitäten mit vielschichtigen und komplexen Biografien zusammenkommen, die im Kino dringend mehr Repräsentation brauchen. In diesem Sinn, unbedingt hingehen und weitersagen. Danke und: Ciao Chérie!

Alexandra König, Mosaik Blog

Ein Callshop in Ottakring

Nina Kusturica erweckt in ihrem neuen Opus Ciao Chérie einen multikulturellen Mikrokosmos zu filmischem Leben.
Die poetisch-essayistische Kombination von Rede und Bild (Kamera: Michael Schindegger) macht Räume – und weitere Bilder – auf, wo sonst „nur“ einseitig geäußerte Gedanken wären…
Geheimer Hauptdarsteller dieses Callshops etwa ist ein dort ständig anzutreffender Nigerianer, der sich nicht erinnern kann, wer er ist. In seiner Wortkargheit und seiner ständigen, dem Verlust seiner Vergangenheit trotzenden Wiederkehr, wirkt er wie eine kleine Verneigung vor Aki Kaurismäki, mit dessen Lakonie die Atmosphäre in „Ciao Chérie“ stellenweise durchaus vergleichbar ist…
Kusturicas bisheriges Schaffen -insbesondere ihr Dokumentarfilm „Little Alien“ über minderjährige unbegleitete Flüchtlinge – zeigte bereits ihr politisches und soziales Engagement (und immer wieder auch ihre Fokussierung auf Frauen und deren Selbstermächtigung).
„Ciao Chérie“ fügt sich bereichernd ein: Es ist eine junge Frau, die Nina Kusturica schließlich am deutlichsten aus dem nostalgischen Sehnsuchts- und Vergangenheitsuniversum hinaustreten lässt, hinein in eine Zukunft im Jetzt und im Hier.

Alexandra Zawia, Die Furche

DER ORTLOSE ORT, WO NIEMAND FREMD IST

Ein Callshop im Migrantenbauch von Wien. Menschen aus aller Welt sitzen in den Kabinen und vertelefonieren ihr hart verdientes Geld, um mit anderen Menschen, die ihnen wichtig sind, in Kontakt zu bleiben. Der österreichisch-bosnischen Filmemacherin Nina Kusturica gelingt mit ihrem dritten Langfilm „Ciao Cherie“ ein wunderbar poetisches Stück Kino…

Kusturica erzählt die Geschichten von Menschen aus aller Welt in Form von episodenhaften Telefongesprächen. Alle Telefonate finden in der Originalsprache statt. Die jeweiligen Gesprächspartner am anderen Ende treten nur als akustische Phantome auf, bekommen durch die ausgeklügelten Dialoge – der Großteil des Films basiert auf einem vorbereiteten Skript der Regisseurin – aber für den Zuseher Charakter und imaginative Konturen…

Ein besonderer Kunstgriff wandte die Regisseurin mit der Filmmusik an: Die sich quer durch den Film ziehenden Wiegen- und Kinderlieder aus der jeweiligen Heimat dienen als „innere Stimme“ der Telefonierenden. Die Stücke werden von den Schauspielern selbst intoniert und kommen ohne instrumentale Begleitung aus. Das verleiht den Liedern eine berührende Intimität, die mit den tragikomischen Gesprächsinhalten und der grenzabsurden Callshop-Realität kontrastiert…

Kusturicas „Ciao Cherie“ ist ein humanistisches Lehrstück für all jene, die immer noch in „Wir und die anderen“ – Dimensionen denken.

Tiroler Tageszeitung, April 2017
HELLO, VIENNA CALLING!

Menschen kommen und gehen, nehmen in gläsernen Telefonkabinen Platz, schicken ihren Familien Geld in die Heimat und erzählen ihre Geschichten telefonierend. Sobald sich die gläserne Tür schließt, scheinen die ProtagonistInnen in einer Art Beichtstuhl, an einem Ort der kompletten, nackten Ehrlichkeit. Freudige Gesichter, Tränen, sowie unangenehme Gesprächspausen oder Streits spielen sich in der Telefonkabine ab. Während sie mit ihrem geträumten Gegenüber sprechen sind die ProtagonistInnen isoliert von ihrer Umwelt – in diesem gläsernen Beichtstuhl suchen sie die Verbindung zu ihren Mitmenschen. Doch schon sobald sie die Kabine verlassen, bezahlen und aus der Tür treten wirken sie auf mich noch isolierter, noch ferner von ihren Emotionen und dieser erschaffenen Realität von Japan, Syrien, Nigeria, Italien oder anderen Ländern in der Telefonkabine. Genau dieses erträumte Gegenüber und die Macht der Sprache, und Stille machen den Film für Kusturica auch stilistisch so interessant. Sie sei fasziniert von der Macht der Stimmen, die am Telefon nicht lügen, nichts verstecken können, auch wenn sie es teils versuchen.

Ein bisschen ist für mich der Film, auch mit seiner schlau gewählten Musik, wie eine kurze Weltreise im Traum. Die Bilder, die gezeigt werden sind zwar fast immer nur stille Porträtaufnahmen der telefonierenden Charaktere – trotzdem entreißen sie mich in die Welt, die sie schaffen.

Uncut Movies, April 2017

Poesie des Callshops

Nina Kusturica zeigt in Ciao Chérie nur die Anrufer. Der Callshop ist die Bühne für ein poetisches Kammerspiel über Einsamkeit und Fremdsein. In langen Kameraeinstellungen präsentiert sie ihre Darsteller in Nahaufnahmen, die jede Regung preisgeben.

Heinz Sichrovsky, News

EIN CALL-SHOP ALS UMSCHLAGPLATZ VON LEBENSGESCHICHTEN

Das Telefon als Intimitätsmaschine und als Entfremdungsapparat. Verbindungen, die man halten wollte, reißen ab. Geflüchtet, gestrandet, gekommen, um zu bleiben oder doch nur um schnell etwas Geld zu überweisen. Worte, die ganze Welten enthalten, ein mitunter skurril-witziger Mikrokosmos erzählter Universen: Ciao Chérie, in Gedanken wird man immer bei sich sein…

Die Kombination von Sprache und Bild (Kamera: Michael Schindegger) macht Räume auf, wo nur Gedanken wären. Räume, die größer sind als die Redezellen, die Beichtstühle, die Festhalteboxen, die Loslassungszimmer, die Intimitätskabinen der Einsam- und der Glückseligkeit. Wo nur gehört werden kann, wird jedes Wort bedeutend. Jeder Atemzug, jede Pause, jede Intonation.

Diagonale Katalog, März 2017

Spielfilm / 2017
87 min. DCP/HD/Farbe

Originalsprachen: Französisch, Deutsch, Englisch, Romanes, Serbisch, Dari, Somalisch, Japanisch, Italienisch, Kurdisch
Untertitel: Deutsch / Englisch

Kinostart Österreich: Oktober 2018

Mit: Nahoko Fort – Nishigami, Sikavi Agbogbe, Simonida Selimović, Ayo Aloba, Dioma Mar Dramè, Zoran Šargić, Esmat Azimi, Isabella Campestrini, Mahamad Abdiasis, Laura Selimović, Radosav Jovanović, Asha Abdirahman, Vienna Chaconne

Regie, Buch: Nina Kusturica
Kamera: Michael Schindegger
Ton: Andreas Pils
Casting, dramaturgische Mitarbeit: Nora Friedel
Schnitt: Nina Kusturica
Artwork, Schnittberatung: Marco Antoniazzi
Zusätzlicher Schnitt: Gerhard Daurer
Tongestaltung: Gerhard Daurer, Andreas Pils
Postproduktion: Stefan Fauland
Musik: The Wladigeroff Brothers & Božidar Radenković

Mit Unterstützung von:
Österreichisches Filminstitut
Filmfonds Wien
ORF Film/Fernsehe- Abkommen