Rule of Thumb

Ein Hund ist ein Hund. Egal wo er ist. Ist er ein Hund.
Von einem Menschen kann man das nicht behaupten.

Zwei junge Frauen fahren per Anhalter aus dem Norden in den Südosten Europas. Auf den Etappen ihrer Fahrt begegnen sie Menschen und anderen Wesen, denen mit ihren Erfahrungswerten kaum beizukommen ist. Abenteuerlust trifft auf Überlebenskampf. Lebensentwürfe und Idealvorstellungen prallen in der seltsamen Intimität jeder neuen Fahrgemeinschaft radikal aufeinander. Doch die beiden Reisenden zwischen den Welten bleiben kämpferisch, neugierig und offen für das, was vor ihnen liegt.
Die in Belgrad geborene Autorin Iva Brdar hinterfragt in ihrem mehrfach ausgezeichneten Stück mit Leichtigkeit und Humor ein Bild von Europa, das nur schwer zusammenwächst.
In der Inszenierung der Film- und Theaterregisseurin Nina Kusturica verbinden Filmsequenzen die surrealen Episoden der Reise und lassen gemeinsam mit dem Sound von Rana Farahani aka FAUNA ein Roadmovie im Kopf entstehen. In einem Spiel mit verschiedenen Genres nimmt Kusturica das Konzept von Freiheit in Zeiten der neoliberalen Selbstoptimierung unter die Lupe.

Pressestimmen

Ein kunstvolles Episodendrama
Eine tolle österreichische Erstaufführung (…) Der preisgekrönte Text der Dramatikerin Iva Brdar ist lyrisch-engagiert, mit leichten Einschlägen des Absurden, die gut zur Zerrissenheit Europas passen. Die Film- und Theaterregisseurin Nina Kusturica hat das Kammerspiel schnörkellos inszeniert. Eingängig simpel ist auch das Bühnenbild von Selina Traun und Sebastian Doplbaur.
Norbert Mayer, Die Presse
Per Autostopp durch Europas Engpässe
Kusturicas Regie setzt auf Prägnanz durch Reduktion der Mittel, bleibt zugleich aber vielgestaltig. Rana Farahani sitzt als Erzählerin mit auf der Bühne und sorgt mit Musikeinlagen wie einer melancholisch dahinschlurfenden Interpretation von Supertramps The Logical Song für Stimmungswechsel…
Die Choreografie bedient sich nur weniger Requisiten wie einer Tonne oder eine Art Gummimatte, um mit den Darstellern ein dynamisches Spiel zu entfachen, in dem dann nicht nur Rollenbilder ironisch in Bewegung geraten. Thomas Kolle bildet das dritte Glied in der beweglichen Darstellerkette. Ganz ohne Anstrengung gelingt es ihm, die größte Palette an Figuren zu spielen: von einem Polizisten über einen Hund bis zum Autofahrer, der sich seinen Daumen abgetrennt hat. Männliche Autorität wird dabei oft verschmitzt unterlaufen, etwa beim Tanz, wo er geführt wird.
Dass der Trip der Tramperinnen zunehmend ins Leere verläuft, verdeutlicht Kusturica bildhaft durch die Verengung der Perspektiven. Das Finale kommt als Film aus dem Inneren eines Autos. Es hat dann schon die Anmutung eines Horrorfilms, der wie Edgar G. Ulmers berühmtes B-Roadmovie Detour heißen können.
Dominik Kamalzadeh, Der Standard
Eine lohnende Expedition ins Kosmos Theater um einer sehenswerten Expedition beizuwohnen.
Heinz Sichrovsky, Live-Kritik auf Kultur Heute/ ORF III
Kusturicas hochtourige Inszenierung passt perfekt auf Brdars schräghumoriges Roadmovie, das durch die Virtuosität der Schauspieler im Rollkunstlauf eine nahezu sinnliche Körperlichkeit bekommt.
Michaela Mottinger, Mottingers Meinung

Inszenierung / 2019

Von Iva Brdar – Österreichische Erstaufführung
In der Übersetzung von Alida Bremer

Mit: Claudia Kainberger, Thomas Kolle, Marie Noel & Rana Farahani aka FAUNA

Inszenierung: Nina Kusturica
Bühne: Selina Traun und Sebastian Doplbaur
Kostüm: Sebastian Doplbaur & Teddy Lo Savio
Kamera: Marie Zahir
Ton: Andreas Pils
Schnitt: Stefan Fauland
Dramaturgie: Mascha Maria Mölkner
Autorin: Iva Brdar
Aufführungsrechte: Rowohlt Theater Verlag, Hamburg
Produktion: Kosmos Theater Wien
Premiere: 09.10.2019

Fotos © Bettina Frenzel